18 Jan Das Projekt „Kinderfamilien“
Dienstag, 16. Januar 2018
„Laut einer aktuellen Studie von UNICEF wachsen in Rwanda 825.000 Kinder ohne Vater und Mutter auf. In keinem anderen Land der Welt leben – gemessen an der Gesamtbevölkerung – so viele Waisen. Auf sich selbst gestellt müssen sie Mama und Papa spielen, lange bevor ihre Kindheit zu Ende geht. Die älteren Kinder, meist Mädchen, kümmern sich um die jüngeren Geschwister und unternehmen alles, damit die kleine Gemeinschaft überleben kann.
Das Projekt „Kinderfamilien“ unterstützen wir gemeinsam mit dem Hilfswerk MISEREOR und der Caritas Butare in den Pfarreien Busoro, Gikore, Gisagara, Simbi und Rugango; insgesamt 68 Kinderfamilien in den genannten Pfarreien.
Heute gibt es zum ersten Mal in der 10jährigen Geschichte des Projektes ein gemeinsames Treffen einzelner Vertreter aus den Pfarreien. Es geht darum, sich kennenzulernen, zu erfahren, dass auch andernorts Kinder mit den selben Problemen aufwachsen, sich gegenseitig Ideen vorzustellen, wie das tägliche Leben gelingen kann.
Das Treffen ist getragen von großer Wertschätzung füreinander. Jugendliche Freude und Lebendigkeit ist ebenfalls zu spüren wie die „Liebe in der Luft“; mir scheint, als hätte sich auf den ersten Blick ein Junge in ein Mädchen verliebt.
Domicienne stellt sich der Gruppe vor. Sie ist 20 Jahre alt und kommt aus Simbi. Gemeinsam mit ihren zwei jüngeren Geschwistern wuchs sie in einer ihnen fremden Familie auf. Sie wurden ausgenutzt, mussten sich um alles Mögliche im Haushalt kümmern, auf dem Feld arbeiten gehen, die Schule durften sie selbstverständlich nicht besuchen, das Familienoberhaupt konnte oft nicht seine Finger von den Mädchen lassen. Domicienne wandte sich an die Caritas und wurde mit ihren beiden Geschwistern in die Gruppe der Kinderfamilien aufgenommen. Nach erfolgreich absolvierter Ausbildung und bestandener Prüfung zur Schneiderin wurde sie mit einer Nähmaschine und etwas Nähmaterial versorgt. Heute steht sie in ihrem selbstgenähten, blau-roten Kleid vor uns und berichtet voller Stolz, dass sie durch ihre Arbeit rund 3€ im Monat zurücklegen kann. Sie ist also in der Lage, die Lebenserhaltungskosten für sich und ihre zwei Geschwister selbst zu tragen.
Domicienne ist eine von sechs Kinderfamilien-Vorsteherinnen, die vor einem Jahr beschlossen haben, eine sogenannte „Kooperative“ zu gründen. Alle arbeiten als Schneiderinnen und bieten ihre Arbeiten auf dem Markt an. Jeder gibt seinen gesamten Verdienst in die Kooperative. Am Ende der Woche wird gleichberechtigt geteilt, ganz egal, ob jemand in der zurückliegenden Woche mehr oder weniger eingebracht hat. Heute sind bereits 16 Schneiderinnen (alle stammen aus den Kinderfamilien) in der Kooperative vernetzt. Von ihrem wöchentlichen Einkommen gibt eine jede 5 Cent in eine Kasse, mit der weitere Kinderfamilien unterstützt werden. Auf diese Weise lassen sie an ihrem Glück (von dem Projekt der Kinderfamilien aufgefangen worden zu sein) andere Kindern teilhaben.
Ich finde: Eine tolles Engagement. Und dabei handelt es sich nur um EIN Beispiel für die Kreativität und Überlebensstrategien der Kinderfamilien.
Mit kindlicher Freude grüßt euch aus Rwanda,
Mirco.“