16 Jan Die Pfadfinder in Rugango
Sonntag, 14. Januar 2018
„Auf den heutigen Besuch habe ich mich in der Vorbereitung der Reise am meisten gefreut. Es geht zu den Pfadfindern nach Rugango.
Wir beginnen das Treffen mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Kirche. Es wird getanzt und gesungen. Besonders die Kleinen blicken immer wieder mit offenen Augen und Mündern zu mir; sie können gar nicht glauben, dass da ein weißer Mann steht. Später trauen sie sich, meine Haut zu berühren.
Wer als Gast zu den Pfadfindern nach Rugango kommt, muss sportlich einigermaßen fit sein. Es besteht für mich keine Möglichkeit, nicht an den Tänzen teilzunehmen. Eine Stunde Sport ist angesagt. Viele unterschiedliche Tanzschritte und Formationen beherrsche ich auch bei der ixten Wiederholung nur mittelmäßig. Während dieser Stunde staunen die Kleinen nicht mehr über meine Hautfarbe, vielmehr lachen sie lauthals über meine Unbeweglichkeit. Ein riesengroßer Spaß für alle Beteiligten.
Seit unserem letzten Besuch im März 2017 ist wieder einiges geschehen. Der Raum der Pfadfinder konnte renoviert werden. Allen Pfadfindern konnte ein Halstuch, das gemeinsame „Erkennungszeichen“ überreicht werden. Es handelt sich NUR um ein Halstuch, doch wir merken bei unserem Besuch, wie sehr dieses Halstuch die Gemeinschaft vor Ort zum positiven verändert.
Die Pfadfinder sind noch intensiver eine Gruppe geworden, in der soziale Unterschiede keine negativen Auswirkungen haben. Eher im Gegenteil: die Kinder und Jugendlichen unterstützen sich bei der Bewältigung der täglichen Lebensherausforderungen. Zwei mal jährlich fahren sie sogar in ein Zeltlager, um sich vor Ort in einem sozialen Projekt zu engagieren. Ein Grundstück wird gemeinsam bestellt. Die Ernte wird – entsprechend der Bedarfe – gerecht untereinander aufgeteilt bzw. für das nächste Zeltlager zurückgelegt, ein Teil kann sogar auf dem Markt verkauft werden.
Vor wenigen Jahren ist in Rwanda der Startschuss zum Wechsel der Nationalsprache gefallen: von französisch zu englisch. Pech für all diejenigen, die ihre Schullaufbahn bereits abgeschlossen haben. Daher bitten die Pfadfinder, auch weiterhin die Teilnahme an einem Englischunterricht ermöglicht zu bekommen. Eine Investition, die sich langfristig lohnt. Auch die Ermöglichung, einen Motorrad-Führerschein zu erwerben, wird erbeten. Die ca. 15 Kilometer Entfernung bis in die Stadt Butare sind dann leichter zu bewältigen – einen Job in der Stadt zu finden ist wesentlich einfacher, als bei Ihnen auf dem Land.
Ein weiterer Wunsch wird geäußert: Den Bau eines zweiten Ofens, mit dem Ziegelsteine gebrannt werden können. Der notwendige Rohstoff (geeigneter Lehm) liegt auf einem Teil ihres Grundstücks und müsste lediglich abgetragen und geformt werden.
Sprachkurs, Führerschein, Brennofen: das alles sind bezahlbare Wünsche (auch dafür muss die AHS selbstverständlich Spender finden). Die Förderung der Gemeinschaft über die sozialen Schichten hinweg ist dagegen unbezahlbar. Hier vor Ort bei den Pfadfindern ist genau dieser Zusammenhalt der besondere Geist (Spirit), der dieses Projekt so wertvoll und zukunftsfähig macht. Was ein gemeinsames Halstuch doch alles bewirken kann. Wie schön wäre es, den Pfadfindern auch (noch) Kluften finanzieren zu können …
Mit besten Grüßen aus Rwanda,
Mirco.
P.s. Einen besonderen Dank an die DPSG Vereinigte Ruhrhalbinsel und die DPSG Die Wennischen für eure tatkräftige Unterstützung der Pfadfinder in Rugango.“