Neues aus Ruanda: Abschied von den Kinderfamilien

12 Mrz Neues aus Ruanda: Abschied von den Kinderfamilien

Liebe Freunde und Förderer der Afrika-Hilfe-Stiftung,

von seiner aktuellen Reise nach Ruanda erreicht uns folgendes Update von Johannes Küpperfahrenberg zu unserem Projekt ‚Kinderfamilien‘. Dieses Projekt begleiteten wir in den letzten 9 Jahren gemeinsam mit Misereor – nun läuft es aus:

„Das gestrige Treffen mit Repräsentanten der Kinderfamilien aus den fünf Gemeinden war beeindruckend und emotional. Neben den Verantwortlichen der Caritas nahmen auch die Pfarrer aus Simbi, Gikore und Rugango teil – Abschied nach neun Jahren Begleitung. Hier ein paar Beispiele:

Immaculée aus Gisagara. Sie hat im letzten Jahr geheiratet und kam mit ihrem Mann und ihrem Baby, der zwei Monate alten Larissa. Wir haben Immaculée seit der Primarschule begleitet. Sie hat die Sekundarschule  erfolgreich abgeschlossen, ihr Mann, Nelson, ist Sekundarschullehrer. Das ist auch ihr Ziel. Nun hat sie aber erst einmal die Mutterrolle inne und trägt mit gelegentlichen Näharbeiten zum Lebensunterhalt bei.

 

 

Jean-Pierre aus Gikore zog vor seiner Aufnahme ins Projekt als Vollwaise obdachlos umher. Wir konnten ihm ein kleines Haus bauen, in das er auch seine damals 3- oder 4-jährige kleine Schwester aufnehmen konnte. Wir können uns kaum vorstellen, wie die beiden in ihrem Leben zu kämpfen hatten. Ihr erfolgreiches Überleben war nur im Rahmen unseres Projektes möglich. Jean-Pierre hat die Sekundarschule beendet und arbeitet heute als Landwirt mit eigenem Feld und eigener Kuh. Darüber hinaus bestellt er auch Felder der Nachbarn. Seine heute 11-jährige Schwester besucht weiterhin die Schule.

 

 

Adeline aus Rugango ist mit ihren fünf Geschwistern seit ihrem dritten Primarschuljahr im Projekt. Ihr Vater sitzt lebenslänglich im Gefängnis, ihre Mutter lebt mental gehandicapt und traumatisiert noch im Haus. Adeline hat die Sekundarschule als eine der Jahrgangsbesten der gesamten Provinz abgeschlossen und erhält daher ein Staatsstipendium an der Universität. Sie studiert „Zivile Wasseressourcen“ und steht kurz vor ihrem Bachelor. Ihr Stipendium deckt nur die reinen Studienkosten ab; für Essen und Wohnen muss sie selber aufkommen. Diese Kosten, etwa 40 – 45 Euro im Monat, kann sie nicht kontinuierlich aufbringen und ist daher immer wieder gezwungen, eine Zeit lang auf der Straße (oder verbotenerweise hinter einem Schulgebäude) zu leben und zu schlafen. Sie hofft natürlich, nach ihrem Studienabschluss eine Arbeitsstelle zu finden.

 

Wir alle haben heute einen Vormittag verbracht mit Jugendlichen, die aus meist extrem prekären Verhältnissen (das war ja Kriterium ihrer Aufnahme) in der ruandischen Gesellschaft angekommen sind. Insgesamt konnten alle Anwesenden eine sehr positive Bilanz dieses Projektes ziehen. Doch – da dürfen wir uns nichts vormachen – es gibt auch individuelle Lebensläufe und Schicksale in unseren Kinderfamilien, die verunglückt und tragisch verlaufen sind. Doch diese sind zumeist aus den Augen – zumindest aus unseren – verloren.

Natürlich haben die Jugendlichen auch auf weiterhin bestehende, akute und/oder gravierende Bedarfe hingewiesen. Diese werden von unserem Sozialarbeiter Innocent erfasst und uns vorgelegt.

Mit Jean-Bosco, Benediktiner und neuer Pfarrer von Rugango (im Gruppenbild hinten rechts), aß ich nach dem Treffen im Garten seiner Abtei in Gihindamuyaga zu Mittag. Es kann der Beginn einer sehr guten Partnerschaft sein.

Soweit für heute – herzliche Grüße aus Ruanda, Jo.“