23 Jan Voll das LEBEN in Gikore
Samstag, 20. Januar 2018
„‚Voll das Leben’ ist für mich die passendste Zusammenfassung der heutigen Zusammenkunft mit den Menschen in Gikore. Vier auf den ersten Blick ganz unterschiedliche Gruppen versammeln sich auf Einladung des hiesigen Pfarrers Pere André im Gemeindesaal, einige hundert Menschen.
Da sind zuallererst die uns lieb gewordenen älteren Damen. Die Jüngste gerade 62, die Älteste 88 Jahre alt – für landesübliche Verhältnisse ein Alter biblischen Ausmaßes. Alle Damen haben keine Kinder, Enkelkinder oder andere Verwandte in der Nähe wohnen, viele der Verwandten sind bereits verstorben. Auf sich alleine gestellt versuchen sie irgendwie durch den Alltag und das Leben zu kommen. 25 dieser alleinstehenden älteren Damen haben wir vor vier Jahren zusammengeführt. Gemeinsam bestellen sie ein Feld mit Ackerbau. Dadurch haben sie genügend zu Essen, können sogar noch manches auf den Markt bringen und sich dann Kleidung kaufen. Sie gewinnen an Kraft und Ausdauer, an Lebensmut und Lebensfreude. Ist eine der Damen an einem Tag mal (gesundheitlich) nicht gut drauf, geben die anderen auf sie Acht. Es hat sich eine neue „Familiensituation“ eingestellt. Sie selber reflektieren: „Das Alter schreitet voran, aber das Herz wird jünger“, und präsentieren sich als Menschen im besten Alter ihres Lebens.
Da sind die Mitarbeiter der von der AHS teilweise gebauten und finanzierten Krankenstation: Pfleger und Pflegerinnen, Labor- und Verwaltungsmitarbeiter (Ärzte gibt es hier keine). Sie berichten von der Versorgung der Menschen durch Medikamente, von der Aufklärungsarbeit in Fragen der Hygiene, der Sexualität, der Aids-Ansteckungsgefahr, der Wundversorgung… Das Leben von 16.000 Menschen wird durch die Mitarbeiter der Krankenstation verbessert, sie erhalten Heilung ihrer gesundheitlichen, körperlichen, oft auch psychischen Wunden.
Da ist die Gruppe der mit HIV infizierten Menschen, 124 Erwachsene und sechs Kinder. Sie werden durch ein spezielles Schulungsprogramm betreut, erlernen ganz neu Hygienemaßnahmen, werden versorgt mit speziellen Medikamenten – angebunden an die Krankenstation und deren Mitarbeiter. Joan-Baptiste, einer aus der Gruppe, fast sein jetziges Leben zusammen: „Wir sind stolz und haben Hoffnung. Wir haben unsere Sorgen verloren und kümmern uns um die Sorgen anderer. Einst wog ich 45 kg – heute wiege ich 65 kg. Seht meine Arme und Beine, sie sind stark. Ich kann tanzen und ich kann anpacken, das Leben wieder selbst in die Hand nehmen.“
Da sind die Kinder und Jugendlichen der Gemeinde. Sie tanzen und singen, lernen und kultivieren die (Tanz)-Riten der Alten. Eine ansteckende Lebendigkeit geht von ihnen aus. Sie pflegen Gemeinschaft und geben aufeinander Acht. „Wir unternehmen ganz viel gemeinsam, damit wir nicht auf schlechte Wege kommen“, spricht es deren Sprecher aus und spricht damit die große Problematik der vielen Alkohol- und Drogenabhängigen an.
Gutes LEBEN im Alter – LEBENserhaltend in der Krankenstation – kraftvolles LEBEN trotz HIV – Jugendliche LEBENdigkeit – VOLL DAS LEBEN.
Und bei allen Berichten und ganz persönlichen Zeugnissen wird eines immer wieder mit großer Dankbarkeit und Wertschätzung gesagt: Der unermüdliche Einsatz der Ordensschwestern und der beiden (seit zwei Monaten am Ort lebenden) Priester für die Not und die Belange der Menschen in Gikore, hält das Dorf zusammen und verweist zugleich auf ein ganz anderes LEBEN, auf das zu freuen es sich jetzt schon lohnt.
Beste Grüße aus einem ganz lebendigem und doch verlassenem Ort,
Mirco.“