22 Jan Von fast vergessenen Menschen
Freitag, 19. Januar 2018 – Teil 2
„Dass es sie gibt weiß ein jeder Rwander. Doch mit Ihnen zu tun haben möchte niemand. Besuch von einem Weißen hat diese hier am Ort lebende Gruppe erst einmal erhalten – von Jo und mir im März 2017. Sie werden als (Volks)-Gruppe verachtet und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Einst waren sie Jäger und Sammler. Heute ist ihnen das Jagen und Sammeln unter Androhung höchster Strafen untersagt. Dann hielten sie sich mit dem Formen von Tongefäßen (Pottery) über Wasser. Heute hat sich eine kleine Töpferindustrie gebildet – natürlich nicht von dieser (Volks)-Gruppe geführte, geschweige denn ausgeführte Industrie. Früher hielten sie sich an unterschiedlichen Orten auf, reisten von hier nach da, Nomaden gleich. Heute sind sie dazu verurteilt, ansässig zu sein. Über Generationen weitergegebene und verinnerlichte häusliche Lager- und Planwirtschaft scheint ihnen bereits von ihrer DNA nicht gegeben zu sein. Was sie in den Händen halten wird gegessen. An ein Morgen denkt niemand. Ihnen ein Nutztier (ob Schwein oder Ziege oder Huhn oder Kuh) zur Aufsicht und Zucht zu geben, wirkt wie blanke Ironie, halten sie doch Fleisch in den Händen, den sicheren Sattmacher und Freudenbringer. Man erkennt sie bereits an ihrer Größe. In ihrer Gegenwart erscheine ich als Riese. Jo, dem fast zwei-Meter-Mann, reichen so manche Ausgewachsene kaum bis zum Bauchnabel. Sie gelten als Menschen dritter Klasse. Gäbe es eine Vierte oder Fünfte, man würde sie ihnen zuteilen. Gemeint sind die Batwar (im Deutschen wird noch oft der Name Pygmäen genutzt).
Eigentlich spricht man diesen Namen nicht aus – wir sprechen in Deutschland ja auch nicht mehr von Ariern und Nicht-Ariern.
Auf unser Bitten hin kümmern sich die Ordensschwestern Sr. Odette, Sr. Madeleine, vor allem aber Sr. Adeline um diese Menschen. Sie verwalten deren zur Verfügung stehendes Geld, kaufen dafür Nahrungsmittel ein. Erstmals haben es die Schwestern geschafft, schulfähige Kinder in die Grundschule zu schicken. Ein zartes Pflänzchen in der Hoffnung, dass die eine oder der andere einmal einen Beruf erlernen wird können. Was für ein riesiger Schritt nach vorn! Was für ein Erfolg! Mittlerweile sind diese Menschen hier in Gikore „angekommen“. Bei den Dorfbewohnern, in der Gesellschaft, in der Gemeinde, hin und wieder auch im Gottesdienst.
Als sie eher zufällig hörten, dass Jo und ich wieder vor Ort sind, ist bei ihnen kein Halten mehr zu spüren. Sie versammeln sich, borgen sich von den Ordensschwestern Tücher zum Umhängen, singen und tanzen und geben ihrer Freude, Freunde zu treffen, Raum.
Ein herrlicher Nachmittag, hier im Hügelland.
Beste Grüße von den Ordensschwestern, Jo, mir und von den fast vergessenen Menschen historischer Zeit,
Mirco.“